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Weiteres mittelschweres Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxie gefunden – Florian Peißker

18.07.2024

Bisher sind im ganzen Universum nur rund zehn mittelschwere Schwarze Löcher entdeckt worden / Das nun identifizierte Schwarze Loch führt dazu, dass sich umliegende Sterne unerwartet geordnet innerhalb eines Sternhaufens bewegen

Ein internationales Team von Forscher*innen unter Leitung von PD Dr. Florian Peißker hat einen Sternenhaufen in direkter Umgebung des supermassiven Schwarzen Lochs SgrA* (Sagittarius A Stern) im Zentrum unserer Galaxie untersucht und Anzeichen für ein weiteres, mittelschweres Schwarzes Loch gefunden. In unserem ganzen Universum sind trotz enormer Anstrengungen der Forschung bisher nur ungefähr zehn dieser mittelschweren Schwarzen Löcher gefunden worden. Wissenschaftler*innen nehmen an, dass sie sich schon kurz nach dem Urknall gebildet haben und durch Verschmelzung als „Samen“ für supermassive Schwarze Löcher fungieren. Die Studie wurde unter dem Titel „The Evaporating Massive Embedded Stellar Cluster IRS 13 Close to Sgr A*. II. Kinematic structure“ im Fachjournal The Astrophysical Journal veröffentlicht.

Der untersuchte Sternenhaufen namens IRS 13 liegt in einer Entfernung von 0,1 Lichtjahren vom Zentrum unserer Galaxie. Für astronomische Verhältnisse ist dies sehr nah, allerdings müsste man unser Sonnensystem dennoch zwanzig Mal von einem Ende zum anderen bereisen, um diese Strecke zurückzulegen. Den Forscher*innen ist aufgefallen, dass die Sterne, die in IRS 13 enthalten sind, sich unerwartet geordnet bewegen. Eigentlich hätten die Forscher*innen eine zufällige Anordnung der Sterne erwartet. Die geordnete Bewegung lässt zwei Schlüsse zu: Zum einen scheint IRS 13 mit SgrA* zu interagieren, was zu der geordneten Bewegung der Sterne führt. Zum anderen muss es etwas innerhalb des Sternenhaufens geben, damit dieser seine beobachtete kompakte Form behalten kann.

Multiwellenlängenbeobachtungen mit dem Very Large Telescope sowie den Teleskopen ALMA und Chandra deuten nun darauf hin, dass der Grund für die kompakte Form von IRS 13 ein mittelschweres Schwarzes Loch sein könnte, welches sich im Zentrum des Sternenhaufens befindet. Dafür würde sprechen, dass die Forscher*innen charakteristische Röntgenstrahlung sowie ionisiertes Gas beobachten konnten, das mit einer Geschwindigkeit von mehreren 100 km/s in Form eines Rings um die vermutete Position des mittelschweren Schwarzen Lochs rotiert.

Ein weiteres Indiz für die Anwesenheit eines mittelschweren Schwarzen Lochs ist die ungewöhnlich hohe Dichte des Sternenhaufens, die höher ist als jede andere bekannte Dichte eines Sternenhaufens in unserer Milchstraße. „Es scheint sich bei IRS 13 möglicherweise um einen essentiellen Baustein für das Wachstum unseres zentralen Schwarzen Lochs SgrA* zu handeln“, so Florian Peißker, Erstautor der Studie. „Dieser faszinierende Sternenhaufen überrascht die wissenschaftliche Community immer wieder, seitdem er vor rund zwanzig Jahren entdeckt wurde. Zunächst dachte man, dass es sich um einen ungewöhnlich schweren Stern handelt. Mit den hochaufgelösten Daten können wir nun aber die bausteinartige Zusammensetzung mit einen mittelschweren Schwarzen Loch im Zentrum belegen.“ Geplante Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sowie dem sich im Bau befindenden Extremely Large Telescope werden weitere Einblicke in die Vorgänge innerhalb des Sternenhaufens liefern.
 

Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Florian Peißker
Institut für Astrophysik
+49 221 470 7791
peisskerph1.uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470 2356
j.voelkelverw.uni-koeln.de

Zum Video:
https://youtu.be/CYfUNQYk4sU

Zur Publikation:
https://doi.org/10.3847/1538-4357/ad4098

Superschnelle Babysterne flitzen wie ein Bienenschwarm um Schwarzes Loch

14.06.2024

Die jungen Sterne umrunden das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie mit mehreren 1000 km/s / Veröffentlichung in Astronomy & Astrophysics

Astronomische Beobachtungen zeigen, dass sich neu entdeckte Babysterne in der Umgebung von Sagittarius A*, dem Schwarzen Loch im Zentrum unserer Galaxie, anders verhalten als erwartet: Sie beschreiben ähnliche Bahnen wie bereits bekannte Hochgeschwindigkeitssterne und ordnen sich in einem bestimmten Muster um das Schwarze Loch an. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Sgr A* die Sterne zu bestimmten Anordnungen veranlasst. Die Studie wurde unter dem Titel „Young Stellar Objects in the S-cluster: The Kinematic Analysis of a Sub-population of the Low-mass G-objects close to Sgr A*“ in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht. Beteiligt waren Forscher*innen der Universität zu Köln, der Masaryk-Universität in Brünn (Tschechien), der Karls-Universität in Prag (Tschechien), der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik und des Max-Plack-Instituts für Radioastronomie in Bonn.

Vor rund dreißig Jahren wurden in der direkten Umgebung des supermassiven Schwarzen Lochs Sgr A* im Zentrum der Milchstraße Hochgeschwindigkeitssterne entdeckt. Diese Sterne, auch S-Sterne genannt, umrunden das Schwarze Loch mit Geschwindigkeiten von mehreren 1000 km/s in wenigen Jahren. Die Sterne sind überraschend jung und ihre Anwesenheit rätselhaft, denn nach gängigen Theorien würde man nur alte und leuchtschwache Sterne in der unmittelbaren Umgebung eines Schwarzen Lochs erwarten.

Die technologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte und die lange Beobachtungszeit des galaktischen Zentrums durch moderne Teleskope werfen aktuell noch weitere Fragen auf. So wurde zum Bespiel im Jahr 2012 ein Objekt entdeckt, bei dem Wissenschaftler*innen von einer Gaswolke ausgingen, die vom Schwarzen Loch „aufgesaugt“ wird. Zwar hat sich die These nicht bestätigt, es war aber lange Zeit nicht klar, um was es sich genau bei diesem Objekt handeln könnte. Erst in den letzten Jahren verdichten sich die Anzeichen, dass es ein sehr junger Babystern sein könnte, umgeben von einer staubigen Wolke.

Inklusive dieses Babysterns untersuchten die Wissenschaftler*innen für die aktuelle Studie ein Dutzend Objekte in der direkten Umgebung des supermassiven Schwarzen Lochs, die alle sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen. Sie fanden heraus, dass die Objekte nochmals deutlich jünger sind als die bereits bekannten Hochgeschwindigkeitssterne. „Interessanterweise verhalten sich diese jungen ‚Babysterne‘ aber so wie die S-Sterne. Das bedeutet, auch die Babysterne umrunden das Schwarze Loch mit mehreren 1000 km/s in wenigen Jahren“, so Dr. Florian Peißker vom Institut für Astrophysik der Universität zu Köln und Erstautor der Studie. „Bereits die S-Sterne sind überraschend jung. Nach gängigen Theorien ist die Anwesenheit eines stellaren Kindergartens mit den noch jüngeren ‚Babysternen‘ völlig unerwartet,“ fügt Dr. Peißker hinzu.

Es zeigte sich weiterhin, dass dieser Sternenhaufen, bestehend aus den Babysternen und den S-Sternen, auf den ersten Blick wie ein chaotischer Bienenschwarm aussieht. Wie ein Schwarm weist aber auch der Sternenhaufen Muster und Regelmäßigkeiten auf. So konnten die Forscher*innen zeigen, dass sich die Babysterne wie die S-Sterne auf bestimmte und geordnete Weise im dreidimensionalen Raum anordnen. „Das bedeutet, es gibt gewisse präferierte Orientierungen der Sterne. Die Verteilung beider Sternvarianten gleicht dabei einer Scheibe, was den Eindruck nahelegt, dass das Schwarze Loch Sterne dazu zwingt, sich in geordneten Bahnen anzusiedeln“, so Peißker.
 

Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Florian Peißker
Institut für Astrophysik
+49 221 470 7791

peisskerph1.uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470 2356
j.voelkelverw.uni-koeln.de

Zur Publikation:
https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2024/06/aa49729-24/aa49729-24.html